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Im Gespräch mit der ehrenamtlichen Bügermeisterin Sina Römhild

Sina Römhild wurde 2022 mit 24 Jahren ehrenamtliche Bügermeisterin der Gemeinde Oechsen. Wir haben gefragt, welche Voraussetzungen für das Amt gegeben sein müssen, was war die Motivation für die Kandidatur und welche Ziele verfolgt Sina Römhild ganz persönlich für ihre Amtszeit.

Wann haben Sie begonnen sich für Politik zu interessieren?

Für Politik habe ich mich bereits in meiner Jugend interessiert. Ich habe oft die Nachrichten und vor allem die politischen Geschehnisse in Berlin verfolgt. Das Interesse zur Politik hat sich, seitdem ich berufstätig bin, sehr gesteigert.

Sie sind mit 24 die jüngste Bürgermeisterin Deutschlands geworden. Wie kam es dazu?

Mein Amtsvorgänger wollte aus Altersgründen nicht erneut zur Bürgermeisterwahl antreten. Daraufhin wurde aktiv ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin im Dorf gesucht. Zwei Gemeinderatsmitglieder haben mich angesprochen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Bürgermeisterin zu werden. Nach längerem Abwägen und Rücksprache mit meiner Familie, stellte ich mich zur Bürgermeisterwahl als Kandidatin auf. Ich wollte schließlich nicht nur „Meckern“, sondern „Machen“ und den Ort verbessern.Nach der für mich erfolgreichen Wahl, stellte ich verblüfft fest, dass ich die jüngste Bürgermeisterin in ganz Deutschland bin.

Sie selbst sind Verwaltungswirtin und arbeiten hauptberuflich im Landratsamt: Welche Voraussetzungen braucht man in Ihren Augen, um Bürgermeisterin werden zu können?

Es benötigt keine speziellen Voraussetzungen um Bürgermeisterin zu werden. Es ist natürlich von Vorteil, wenn man Verwaltungskenntnisse hat und diese einbringen kann. Die „Einarbeitung“ war für mich wesentlich leichter. Wichtig ist aber vor allem, dass sich die Bürgermeisterin für ihren Heimatort einsetzt, gerne mit Menschen im Ort kommuniziert sowie ein offenes Ohr für die Probleme und Anliegen der Bürger hat. Ich würde es nicht Voraussetzungen, sondern Eigenschaften oder Schlüsselqualifikationen nennen: tolerant, freundlich, interessiert, diskussionsfreudig, lösungsorientiert, fleißig. Das sind für mich einige Eigenschaften, die als Bürgermeisterin sehr wichtig sind.

Sie üben Ihre Tätigkeit als Bürgermeisterin ehrenamtlich aus, haben einen Job und eine Tochter. Wie sieht ihr Tagesablauf aus?

Mein Tagesablauf ist sehr strukturiert und durchgeplant. Durch die vielen Aufgaben und Termine muss ich jeden Tag zuvor durchdenken. Ich stehe meistens gegen 05:30 Uhr auf, mache mich für meinen Hauptjob fertig und wecke meine fünfjährige Tochter. Gegen 07:00 Uhr fahren wir zum Kindergarten und anschließend fahre ich ca. 30 Minuten zur Arbeit. Mein „erster Feierabend“ ist zwischen 14:45 und 15:30 Uhr. Im Normalfall hole ich meine Tochter anschließend vom Kindergarten wieder ab. Es kommt häufiger vor, dass ich direkt im Anschluss Termine als Bürgermeisterin habe und somit die Oma einspringt. Ich versuche trotz des Stresses und der vielen Aufgaben genügend Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. An einigen Abenden gibt es auch Termine. Daher weiß ich manchmal nicht genau, wann der „zweite Feierabend“ eingeläutet werden kann. Durchaus auch erst gegen 22:30 Uhr (wenn eine Gemeinderatssitzung ansteht).

Was war ihre Motivation, um für das Amt zu kandidieren?

Da gibt es verschiedene. Eine z.B., dass ich vieles im Ort verbessern und anders gestalten möchte. Ich wollte meine Ideen einbringen, um Oechsen voranzubringen. Außerdem sind für mich die Kinder unsere Zukunft! Daher möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen und einiges für Familien und Kinder umsetzen. All das kann ich als Bürgermeisterin angehen.

Welche Ziele haben Sie in Ihrer Amtszeit?

Ich möchte, dass Oechsen weiterhin eine eigenständige Gemeinde bleibt. Viele Gemeinden im Umkreis wurden in größere Gemeinden eingegliedert und haben somit nur noch Ortsteilräte und Ortsteilbürgermeister. Dadurch ist der Gestaltungsspielraum eingeschränkter. Die Probleme und Anliegen können unter Umständen nicht mehr im eigenen Ort geklärt werden. Weiterhin möchte ich das Ehrenamt stärken und die Voraussetzungen für Familien und Kindern verbessern. Mir ist wichtig, dass der Kindergarten im Ort erhalten wird und regelmäßig in die Räumlichkeiten und Ausstattung des Kindergartens seitens der Gemeinde investiert wird. Des Weiteren möchte ich das aktuell bestehende Sportlerheim in ein Dorfgemeinschaftszentrum umbauen. In dieser Örtlichkeit sollen die Bürger eine Anlaufstelle für verschiedene Aktivitäten haben: Gemeindecafé (alle zwei Wochen), Möglichkeit um Feste zu feiern, Vereinsräumlichkeiten für Sportverein etc.

Was mögen Sie besonders an ihrer Tätigkeit als Bürgermeisterin?

Ich mag vor allem die abwechslungsreichen Tätigkeiten und Themen, mit der ich als Bürgermeisterin konfrontiert werde. Es gibt immer spannende Projekte oder schöne Aktivitäten. Als Bürgermeisterin kann ich viel gestalten und sehe relativ schnell Ergebnisse meiner Arbeit. Mich freut vor allem, wenn die Bürger im Ort zufrieden sind.

Was macht in Ihren Augen eine gute Bürgermeisterin aus?

Eine gute Bürgermeisterin sollte aus meiner Sicht immer fair handeln und Menschen gleichbehandeln. Es ich wichtig, mit den Bürgern auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Werden Sie in der Zukunft wieder kandidieren?

Meine derzeitige Amtszeit geht noch bis Juni 2028. Nach heutigem Stand macht mir mein Bürgermeisterjob sehr viel Spaß und ich möchte diesen gerne fortführen. Aber wer weiß schon, was in vier Jahren alles passiert und wie sich die Bedingungen für ehrenamtliche Bürgermeister verändern.

Was bedeutet Demokratie für Sie?

Demokratie bedeutet für mich, dass ich aktiv mitgestalten darf, dass ich meine Meinung frei äußern kann und ich in Frieden mit meiner Familie lebe. Demokratie bedeutet für mich auch, dass ich als Bürgermeisterin gemeinsam mit dem Gemeinderat berate und die Entscheidungen immer durch eine Mehrheit getroffen werden.

  • Unternehmerabend in Oechsen mit Gewerbetreibenden und Vertretern der örtlichen Vereine
    Unternehmerabend in Oechsen mit Gewerbetreibenden und Vertretern der örtlichen Vereine Foto: privat
  • Versammlung des Gemeinden Städtebundes Thüringen. Mit auf dem Foto ist Dr. Michael Brodführer (Bürgermeister Bad Liebenstein) und mein ehemaliger "Mentor" aus dem Programm "Aktionsprogramm Kommune - Frauen in die Politik"
    Versammlung des Gemeinden Städtebundes Thüringen. Mit auf dem Foto ist Dr. Michael Brodführer (Bürgermeister Bad Liebenstein) und mein ehemaliger "Mentor" aus dem Programm "Aktionsprogramm Kommune - Frauen in die Politik" Foto: privat
  • Vor dem Schloss Bellevue
    Vor dem Schloss Bellevue Foto: privat