Stadtlaborant:innen im KörberHaus

Foto: Claudia Höhne

Stadtlabor 2023

Der demografische Wandel wird vor Ort in den Kommunen gestaltet. Die Gesellschaft wird immer älter und es braucht innovative Ideen und kreative Strategien, um Antworten auf die drängenden Fragen zu finden. Wir wollen Sie, die Verantwortlichen, dabei unterstützen.

Dazu laden wir Sie, Bürgermeister:innen und Gestalter:innen in den Kommunen und Städten, zu unserer dreiteiligen Werkstattreihe „Stadtlabor demografische Zukunftschancen“ ein. Gemeinsam gehen wir der Frage nach: Wie lässt sich die Stadt demografiefest und altersfreundlich gestalten?

Werkstatt 1 – Austausch und Input für kommunale Gestalter:innen

Am 26. und 27. Januar 2023 startete der vierte Durchgang des Stadtlabor demografische Zukunftschancen mit seiner ersten Werkstatt in Hamburg. Austragungsort war das im Dezember eröffnete KörberHaus im Herzen von Hamburg-Bergedorf. Die Körber-Stiftung begrüßte insgesamt 15 kommunale Vertrer:innen aus dem gesamten Bundesgebiet, u. a. aus Stuttgart, Dresden, Dinslaken und Kiel. Die Teilnehmenden beschäftigen sich in ihren Städten, Kommunen sowie Landkreisen intensiv mit dem Themenkomplex. Dadurch bringen sie unterschiedliche Perspektiven, Herausforderungen und Lösungsansätze mit in die Gruppe.

Mit einem „Dialog im Stillen“ lernte sich die Gruppe auf eine kreative und humorvolle Art kennen. Der gehörlose Workshopleiter und seine Übersetzerin führten durch Aktivitäten, die die Teilnehmenden ihre eigene Kommunikation reflektieren ließen. Wie werde ich verstanden? Wie mache ich meine Anliegen für mein Gegenüber verständlich?

Aktuelles aus der Demografie-Forschung

Frederick Sixtus, Projektkoordinator Demografie Deutschland beim Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, referierte über die aktuelle demografische Lage in Deutschland. In seinem Vortrag erläuterte er anschaulich die bisherige und in den kommenden Jahren erwartete Bevölkerungsentwicklung. Besonders eindrücklich blieb den Teilnehmenden in Erinnerung, dass in der Prognose der Gesamtbevölkerung bis 2035 die erwartete Einwanderung den natürlichen Bevölkerungssaldo nicht ausgleichen kann, die Bevölkerung folglich schrumpfen wird.

Die vielen Herausforderungen, die mit dieser Entwicklung einhergehen – von Fachkräftemangel über den Druck auf das Rentensystem, bis hin zu der pflegerischen Versorgung der größer werdenden Gruppe Hochaltriger – wurden im Anschluss ausführlich diskutiert.

Spielräume in der Kommune

„Mit Kooperation und Beteiligung auf dem Weg zur altersfreundlichen Kommune“ war die Überschrift des Workshops mit Phineo, ein non-profit Analyse- und Beratungshaus. Die Experten zeigten pointiert auf, wie Organisationen – speziell Verwaltungen – gesteuert werden und welche Logiken hinter der Definition von Zielen stecken. Ist der Prozess etwa durch eine wirkungsorientierte oder leistungsorientierte Logik bestimmt? Wie kann agile Verwaltung aussehen? Ziel war es, ein Verständnis für die eigenen Handlungsspielräume zu schaffen und den Stadtlaborant:innen Inspiration für gelingende Kooperation und Partizipation zu geben. In Tandemgesprächen und kollegialer Fallberatung in Kleingruppen konnten Aspekte aus der Arbeit vor Ort erörtert werden.

Werkstatt 2 – Altern mit internationaler Familiengeschichte

Der demografische Wandel betrifft alle Bevölkerungsgruppen. Bisher wenig im Blick: Ältere Menschen mit internationaler Familiengeschichte, z.B. die erste Generation der Gastarbeiter:innen. Wie möchten diese alt werden? Was brauchen sie für gutes Altern und was muss die Kommune tun, um dies zu ermöglichen?

Im Rahmen des Stadtlabors demografische Zukunftschancen reisten zu diesen Fragen Verantwortliche der Verwaltung für die Themen demografischer Wandel und Alter aus dem ganzen Bundesgebiet nach Dinslaken. Sie nahmen am Fastenbrechen in einer Moschee teil, besuchten ein multikulturelles Seniorenheim und tauschten sich mit Expert:innen zum Thema aus. Mit dem Ziel möglichst viele Erkenntnisse mit in ihre Kommunen zu bringen.

Gemeinsam mit der Stadt Dinslaken lud die Körber-Stiftung zu einer öffentlichen Fachveranstaltung zum Thema Altern mit internationaler Familiengeschichte ein. Nach einem wissenschaftlichen Vortrag durch Prof. Dr. Uslucan, Professor für Moderne Türkeistudien und Integrationsforschung Universität Duisburg-Essen wurden verschiedene Aspekte auf einem Podium vertieft. Mit dabei Yasimin Zorlu, Geschäftsführerin eines kultursensiblen Pflegedienstes und Dr. Tagrid Yousef Sozialdezernentin der Stadt Dinslaken, moderiert durch Karin Haist, Programmleiterin demografische Zukunftschancen der Körber-Stiftung.

Das Ergebnis: Verwaltungen, Träger und Einrichtungen müssen sensibler für die Bedürfnisse von älteren Menschen mit internationaler Familiengeschichte werden. Ganz praktisch kann dies durch, Förderung von Diversität in Seniorenbeiräten oder der Einbindung von Multiplikatoren, wie Kultur- oder Moscheevereinen, geschehen.

Werkstatt 3 – Digitalisierung und sorgende Gemeinschaft im Quartier

Begegnung und Teilhabe sind entscheidende Faktoren für ein gutes Altwerden im eigenen Quartier. Was können digitale Tools dazu beitragen? Unter dieser Frage trafen sich die Teilnehmenden des Stadtlabors demografische Zukunftschancen in Kiel. Die Stadt setzt erfolgreich das Konzept der „ANNAs“ (Anlaufstelle Nachbarschaft) um. Als wichtiger Begegnungsorte im Quartier für Ältere stehen auch diese Anlaufstellen vor den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung – wo schließt sie Ältere aus, welche Möglichkeiten bietet sie, um die Teilhabe zu verbessern?

Die Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Kiel, die Stadtlaborant:innen der Körber-Stiftung, die Smarte Kielregion und ältere Besucher:innen der ANNAs haben gemeinsam einen Design-Thinking-Workshop durchgeführt. Es wurden Ideen entwickelt, wie Mitgestaltung im Quartier und die Weitergabe städtischer Informationen auch digital für Ältere Menschen funktionieren können.

Drei wichtige Erkenntnisse:

  • Es braucht niedrigschwellige Lösungen für Ältere. Das beginnt bei verständlicher Sprache in Erklärungen von Geräten und Konzepten.
  • Alter ist divers. Dementsprechend gibt es nicht die eine Lösung für alle Älteren. Manche Senior:innen sind digital bereits fit, andere haben große Berührungsängste.
  • Digitalisierung kann reale Begegnung nicht ersetzen, sondern muss sie ermöglichen – für alle Generationen!

Ein Graphic Recording ist eine Möglichkeit einen Workshop grafisch mitzuverfolgen und ein visuell aufgearbeitetes Protokoll zu haben.
Während unseres Workshops in Kiel ist dieses entstanden: