13. Körber Demografie Symposium –
Wohnen in der altersfreundlichen Stadt
Altwerden wollen Menschen im vertrauten Umfeld, in der eigenen Wohnung und eingebunden in ihr Quartier. Das stellt Ansprüche an eine kommunale Wohnpolitik, die zukunftsfähig sein will – erst recht, wenn mit den Babyboomern die größte Generation ins Alter kommt.
Beim 13. Körber Demografie Symposium am 10. November 2022 in Hamburg wurden innovative Wege für eine weitsichtige und generationengerechte Wohnplanung diskutiert. Im Vordergrund der Beiträge wie auch im Austausch der teilnehmenden kommunalen Entscheidenden standen wohnpolitische Strategien und Handlungsoptionen der altersfreundlichen Stadt.
Folgend präsentieren wir Ihnen die Zusammenfassungen und Mitschnitte der einzelnen Vorträge, einleitend mit einem kurzen Teaserfilm.
Warum Wohnen ein Thema der altersfreundlichen Stadt ist
Kommunale Altersfreundlichkeit hat viele Facetten. Zu den zentralen Handlungsfeldern zählt eine altersgerechte Wohn- und Infrastruktur. In ihrer Begrüßung erläutert Eva Nemela, Leiterin Bereich Alter und Demografie, warum „Wohnen im Alter“ für die Körber-Stiftung nicht nur eine Privatangelegenheit, sondern auch eine kommunale Aufgabe ist. Mit einer weitsichtigen Wohnpolitik ermöglichen Städte und Gemeinden ihren älteren Bürgerinnen und Bürger Selbstbestimmung und Lebensqualität.
Ageing in Place. Kommunale Strategien für die Babyboomer-Generation
Mit den Babyboomern, die heute zwischen 52 und 67 Jahre alt sind, gehen in den nächsten Jahren 30% der Bevölkerung in die Nacherwerbsphase. Was das für Kommunen bedeutet, hat die Wissenschaftsjournalistin Sabine Sütterlin vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung für die Körber-Stiftung analysiert. Sie stellt fest: Die Babyboomer haben mehrheitlich Wohneigentum, aber sie wohnen nicht barrierefrei. Eine große Herausforderung für Kommunen und die Generationengerechtigkeit ist ihr überdurchschnittlicher Wohnflächenverbrauch. Die Studie des Berlin Instituts und der Körber-Stiftung ist als Broschüre veröffentlicht und frei erhältlich. (Download Broschüre)
Den vollständigen Vortrag können Sie hier schauen: Ageing in Place. Wohnen in der altersfreundlichen Stadt.
Die Bedingungen für “Ageing in Place”
„Aeging in Place“, das definiert die Wissenschaft, ist ein Konzept mit persönlicher und politischer Relevanz. Menschen wollen zuhause alt werden und an diesem Fakt müssen sich Kommunen und Wohnungswirtschaft ausrichten. Dr. Eveline Althaus, Wissenschaftliche Projektleiterin am ETH Wohnforum der ETH Zürich, zählt ein alternsgerechtes Wohnumfeld zu den wichtigsten Bedingungen für Ageing in place, aber auch Zugang zu Nahversorgung, ambulanten Dienstleistungen oder Alltagshilfen. Zuhause alt zu werden ist möglich, wenn kommunale Wohnpolitik „Hardware“ (alternsgerechte Wohnungen und Infrastruktur) und „Software“ (Information und Koordination der lokalen Wohnversorgung) verbindet.
Den vollständigen Vortrag können Sie hier schauen: Wohnforschung – Ageing in Place
Die Zürcher Altersstrategie 2035
Damit Ältere so lange wie möglich selbstständig zuhause wohnen, legt die Zürcher Altersstrategie 2035 einen Schwerpunkt auf Wohnen und Quartiersentwicklung. Dr. Caroline Moor, Stabsmitarbeiterin Projekte & Strategie im Gesundheits- und Umweltdepartment, kennt die konkreten Bausteine der erfolgreichen Züricher Wohnpolitik: städtische Siedlungen für erschwingliche Alterswohnungen, neue gemeinschaftliche Wohnformen, digitale Wohnforen, Beratung bei Hausbesuchen und in quartiersnahen Fachstellen, studentisches Mitwohnen in Gesundheitszentren oder ein Baurecht für die gezielte Vergabe städtischer Grundstücke. In einem Kooperationsprojekt der Stadt entsteht ein Lebensort für Ältere der LSBTIQ* Community. Die Zürcher Alterstrategie ist in einem großen Beteiligungsprozess entstanden, und auch die regelmäßigen Quartiersrundgänge durch die Behörde laden die ältere Bevölkerung zur Mitgestaltung ihres Lebensumfelds ein.
Den vollständigen Vortrag können Sie hier schauen: Kommunale Strategie: „Mein Zürich im Alter“
Expedition in die altersfreundliche Stadt Zürich
Die Körber-Stiftung lädt jährlich Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Demografieverantwortliche aus deutschen Kommunen ein, in eine internationale altersfreundliche Stadt zu reisen. Im September 2022 führt die „Expedition Age & City“ 18 kommunale Entscheidende nach Zürich, begleitet von einem Filmteam. Die Teilnehmenden lernen die städtische Wohnpolitik, innovatives Alterswohnen, intergenerative Baugenossenschaften oder Alterszentren mit Anbindung ans Quartier kennen. Sie sehen in der Züricher Alterspolitik und Wohnplanung viel Potenzial für die Umsetzung in Deutschland. Die strategische Einbindung aller Maßnahmen in die vorbildliche Züricher Altersstrategie 2035 inspiriert die Vertreterinnen und Vertreter deutscher Städte und Gemeinden zu eigenen Vorhaben.
Weitere Informationen zum Projekt Expedition Age & City finden Sie hier.
Queer Altern
Das Immanuel Seniorenzentrum in Berlin-Schöneberg hat sich als erstes Pflegeheim in Deutschland auf die LSBTIQ*-sensible Pflege spezialisiert. Das Ziel: Queere Menschen sollen im Alter diskriminierungsfrei und ohne Angst versorgt werden. Denn ihre Biografien sind häufig geprägt von Ausgrenzung und Kriminalisierung, auch von schlechten Erfahrungen im Gesundheitssystem. Der Leiter des Zentrums und Diversitätsberater Ralf Schäfer fordert eine kultursensible Pflege, wie sie auch der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung gegen LGBTIQ*-Feindlichkeit vorsieht. Queeres Altern muss auf die Tagesordnung: Bereits 2002 prognostizierte das Kuratorium Deutsche Altenhilfe für das Jahr 2050 einen Anteil von bis zu 2,3 Millionen homosexueller Menschen über 60.
Den gesamten Vortrag können Sie hier schauen: Queer Altern
Wohnungsnot oder Leerstand
Die Wohnungsnot in deutschen Großstädten hat eine stark demografische Komponente. Dr. Andreas Beck, Geschäftsführer der Index Capital GmbH, sieht die vor allem im überdurchschnittlichen Wohnflächenverbrauch der Babyboomer. Der Wohnflächenverbrauch der 50- bis 60-jährigen ist signifikant höher als der, jüngerer Menschen. Grund ist der Remanzeffekt: Die 50- bis 60-Jährigen verbleiben in ihren tendenziell großflächigen Wohnungen oder Häusern auch nach dem Auszug der Kinder. Das wird durch Fehlanreize befördert, denn ein Umzug, z.B. in eine kleinere Wohnung sowie die Vermeidung von Leerstand in geerbten Zweitimmobilien ist aus Gründen der steuerlichen Behandlung, des Miet- und Erbschaftsrechts nachteilig. Eine effizientere Wohnflächennutzung bedeutet aber nicht nur weniger Energieverbrauch, sondern ist auch eine wirksame Maßnahme gegen die Wohnungsnot. Mit Folgen für den Immobilienmarkt: Neubau kann der Bestandssanierung weichen.
Den vollständigen Vortrag können Sie hier sehen: Dr. Andreas Beck: Wohnungsnot oder Leerstand?
Das resiliente Quartier
Städte stehen nicht nur vor der Herausforderung, für gutes Wohnen im Alter zu sorgen. Auch eine Vielzahl sozialer, ökonomischer und ökologischer Aufgaben, die vor Ort gelöst werden müssen. Marie Neumüllers, Geschäftsführerin von Urbanizers, Berlin, plädiert für einen Stadtumbau auf Quartiersebene. Resiliente, robuste Quartiere passen sich an veränderte neue technische, klimatische und auch demografische Voraussetzungen an. Sie stärken öffentliche Strukturen zur Daseinsvorsorge und durch kurze Wege und Netzwerke auch die lokale Solidarität. Wohn- und Begegnungsräume sind nicht getrennt und resiliente Quartiere sind bestandsorientiert: Wohnungsmodernisierung zielt auf den Erhalt niedriger Wohnkosten und ökologische Nachhaltigkeit.
Den vollständigen Vortrag können Sie hier sehen: Das resiliente Quartier