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„Mich hat überrascht, wie modern die DDR teilweise war“

Beim Geschichtswettbewerb 2022/23 „Mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen hat Geschichte“ gewannen David Kesselmann und Julia Cleve aus Hanau mit ihrer Arbeit über das Wohnen im Krieg einen Landessieg in Hessen. 2024 nahm David als Preisträger des Geschichtswettbewerbs am 13. Sächsischen Geschichtscamp in Dresden teil. Im Interview mit Maximilian Henze berichtet David über seine Eindrücke und Erfahrungen im Camp.

Die acht Preisträger:innen des Geschichtswettbewerbs beim Sächsischen Geschichtscamp 2024
Die acht Preisträger:innen des Geschichtswettbewerbs beim Sächsischen Geschichtscamp 2024 Foto: David Eliezer Kesselmann

David, du bist Preisträger des Geschichtswettbewerbs. Was hat dich dazu bewegt dich auch zum Sächsischen Geschichtscamp zu bewerben?

Als ich die Infomail des Geschichtswettbewerbs erhalten habe, war ich direkt sehr interessiert. Mich hat besonders das Thema angesprochen, da ich mehr über die DDR erfahren wollte. Die angebotenen Workshops vor Ort haben meinen ersten Gedanken nochmal bestätigt, worauf ich mich beworben habe. Und zudem kann man auch noch neue Leute kennenlernen.

Im diesjährigen Geschichtscamp ging es um Lebenswirklichkeiten in der DDR. Hast du dich damit schon einmal thematisch beschäftigt? Zum Beispiel in der Schule?

Leider war das Thema bei mir in der Schule bisher nicht so sehr präsent. Wir haben die Geschichte der DDR oberflächlich bis zur 10. Klasse behandelt. Da ich mein Abitur auf einer Fachoberschule im Fach Informatik ablege, habe ich auch keinen Geschichtsunterricht mehr. Dadurch habe ich schulisch keine Möglichkeit mich mit der DDR zu beschäftigen. Ich habe mich jedoch privat schon öfters mit dem Thema befasst. Daher hat mich das Thema des Sächsischen Geschichtscamp auch so interessiert.

Erzähl gerne, was ihr in Dresden alles erlebt habt.

Wir waren auf einer Stadtführung, haben das Deutsche Hygienemuseum besucht, konnten Zeitzeug:innengespräche führen und uns an Podiumsdiskussionen beteiligen. Die meiste Zeit haben wir jedoch in Workshopgruppen verbracht, in denen wir uns intensiv mit Themen auseinandergesetzt haben, die wir vorher wählen konnten. So habe ich mich beim Geschichtscamp zum Beispiel mit der Außen- und Wirtschaftspolitik der DDR beschäftigt aber auch mit dem Thema „Liebe in der DDR“.

Was hat dich dabei besonders überrascht?

Wenn man von der DDR spricht, spricht man meistens von negativen Aspekten. Klar, es war ja auch eine Diktatur. Aber genau deswegen hat es mich überrascht, wie modern die DDR in einigen Punkten war. Besonders der Umgang mit Homosexualität war liberaler als in der BRD und seit 1968 straffrei. In der BRD war die Liebe zum selben Geschlecht hingegen bis 1994 illegal. Auf der anderen Seite hat die Stasi aber auch gezielt queere Menschen bespitzelt und Homophobie gehörte zum Alltag. Dazu hat uns eine Zeitzeugin berichtet, wie sie die DDR als lesbische Frau erlebt hat.

Wie hast du das Geschichtscamp zusammen mit anderen Schüler:innen aus verschiedenen Bundesländern erlebt?

Ich habe großartige Menschen aus ganz Deutschland kennengelernt. Wir waren nach kurzer Zeit alle warm miteinander und haben auch in unserer freien Zeit viel unternommen, wie zum Beispiel Dresden am Abend zu erkunden. Wir haben auch bereits geplant ein Wiedersehen in Heidelberg zu organisieren.

Abschließend, was nimmst du für dich mit aus dem Sächsischen Geschichtscamp?

Mich hat das Camp dazu angeregt auch mal meine eigene Familiengeschichte in den Blick zu nehmen. Mein Opa hat zu DDR-Zeiten in Leipzig gelebt. Ich habe seine Stasi-Akte angefordert und bin sehr gespannt darin zu blättern. Generell konnte ich mich endlich intensiver mit der DDR beschäftigen. Durch das neue Wissen habe ich aber auch Ideen bekommen, die ich in einen Beitrag für den neuen Geschichtswettbewerb 2024/25 umwandeln möchte. Wir haben im Camp einen Podcast produziert. Das Format fand ich sehr spannend und vielleicht probiere ich so etwas auch mal für den neuen Wettbewerb aus.

Foto: David Eliezer Kesselmann