Wettbewerb: Weggehen – Ankommen. Migration in der Geschichte Papierdeutsche - Leben unter Vorbehalt

3. Preis
2003
Thomas Hajduk
Kein Tutor

Nichtschüler

59427 Unna, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

#2003-1296

Der Beitrag thematisiert die Erfahrungen von Aussiedlern und Spätaussiedlern aus Polen (Schlesien) im eigenen Land vor der Aussiedlung und danach in der Bundesrepublik. Den Verf., der selbst in den 1980er Jahren als kleines Kind mit seinen Eltern aus Polen in die Bundesrepublik übersiedelte, interessiert dabei vor allem der Motivationswandel in Bezug auf die Aussiedlung von einer Generation (die seiner Großeltern) zur nächsten (die seiner Eltern). Die Materialgrundlage des Beitrags bilden die Erzählungen seiner Großmutter, die einige Jahre vor ihren Kindern nach Deutschland ging, und Erinnerungen, die in der Familie vorhanden waren und sind, sowie Unterlagen und Filme der Landesstelle Unna-Massen, ein Interview mit dem dort leitenden Sozialarbeiter und Informationsmaterial des Bundesministeriums des Innern. Der Verf. schildert in einem biografischen Zugriff anschaulich die Lebensbedingungen einer deutschen Familie in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Familie konnte zunächst noch ungestört dort leben, war aber in der Folgezeit zunehmend Repressalien ausgesetzt. Er beschreibt ihre Gefühlswelt und ihre zunehmende Verzweiflung, die deutsche Kultur nicht mehr ausleben zu dürfen. Es wird deutlich, dass es der Generation der Großeltern des Verf. bei der Aussiedlung zu einem großen Teil um die Bewahrung ihrer kulturellen Identität ging. Anschließend verdeutlicht der Verf. die Veränderungen, die sich ab etwa den 1960er Jahren in einer deutschen Familie in Polen einstellten: Die in der polnischen Zeit aufgewachsenen Kinder waren bereit, "Polen" zu werden, und ihre deutsche Identität verlor für sie an Bedeutung. Für sie hatte die Aussiedlung in den 1980er Jahren eher materielle Gründe, verbunden mit der Unsicherheit über die Zukunft Polens. Der Verf. beschreibt eindringlich die aus den mangelnden Sprachkenntnissen und der gewachsenen Distanz zur deutschen Kultur resultierenden Schwierigkeiten bei der Eingliederung in Deutschland. Insgesamt erklärt der Verf. die unterschiedlichen Sichtweisen aus der historischen und persönlichen Situation der Protagonisten heraus und bettet die Familienerfahrungen in die historischen Zusammenhänge ein - das Ende des Zweiten Weltkriegs, die Nachkriegszeit in Polen, die Entspannungspolitik und ihre Auswirkungen, die Entwicklung der Aussiedlerzahlen bis zu den Veränderungen in der Akzeptanzbereitschaft in der Bundesrepublik.

Literaturverzeichnis

80 S., ms., Anhang: Arbeitsprozessbericht, Interviewtranskripte, Filmbeschreibung, Broschüre zur Aussiedlerpolitik, Anlage: DVD mit zwei Kurzfilmen zum Thema

Quellen

Zeitzeugeninterviews, Familienerzählungen, Experteninformationen, Bestände der Landesstelle Unna-Massen und des Bundesministeriums des Innern, Sekundärliteratur, Internet