Wettbewerb: Ost-West-Geschichte(n) – Jugendliche fragen nach Fußball und Politik. Die Spiele FC Bayern - SG Dynamo Dresden, Herbst ?73, im Kontext deutsch-deutscher Politik

2. Preis
1995
Brenner, Sebastian / Rippel, Dieter
Dietrich Schairer

Zivildienstleistende, 81673 München

81673 München, Bayern, Deutschland

#1995-0731

Die Verf. beschäftigen sich mit den Achtelfinalbegegnungen im Fußball-Europapokal zwischen der SG Dynamo Dresden und dem FC Bayern München, die im Herbst 1973 in München und Dresden ausgetragen wurden. Ihr spezielles Interesse gilt dabei der politischen Dimension des Ost-West-Aufeinandertreffens. Im ersten Teil ihres Beitrags informieren sie zunächst über das sportliche Umfeld und die organisatorischen Rahmenbedingungen, über die Spiele selbst, über die Zuschauer und die Berichterstattung der Medien. Im zweiten Teil halten sie dann fest, wie Beteiligte aus Ost und West - Spieler, Funktionäre und Journalisten - die Begegnungen erlebt haben und wie sie sie heute sehen. In thematischen Kapiteln gehen sie hier auf die Atmosphäre während der Spiele, auf die Abschottung voneinander, auf das Bild von der anderen Seite, auf den politischen Einfluß sowie die Rolle des MfS ein. Im dritten Teil schließlich rekonstruieren sie, gestützt auf Akten der Gauck-Behörde, detailliert die Aktivitäten der Stasi im Kontext der Begegnungen. Daran anknüpfend weisen sie allgemein auf die Funktion, die das SED-Regime dem Leistungssport zuschrieb, hin und erläutern die Lenkungs- und Überwachungsstrategien, die daraus resultierten. Allgemeine Hintergrundinformationen - z. B. zur Geschichte der beiden Vereine, zur Finanzierung des DDR-Fußballs, zur Presse in der DDR und zur Entwicklung der deutsch-deutschen Beziehungen 1945-73 - fügen sie als Exkurse in die Darstellung ein. Bezogen auf die Ausgangsfrage, ob die Spiele als Ausdruck der Systemkonkurrenz oder einer neuen Phase der deutsch-deutschen Beziehungen zu werten sind, halten die Verf. resümierend fest: Das Mißtrauen, das sich in der akribischen Stasi-Überwachung manifestiert, weist - trotz der politischen Annäherung im Rahmen der Ostverträge - deutlich auf die feindliche Sicht der Zeit des kalten Krieges hin. Die Spieler aus Dresden und München haben die Begegnungen hingegen eher sportlich-pragmatisch aufgefaßt, und auch in der Presse sind politische Töne - wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ausgeglichenen Spielergebnisse für Bayern (4:3, 3:3) - nur in Ansätzen nachzuweisen. Insgesamt sehen die Autoren die Begegnungen 1973 als Fokus der politischen und menschlichen Beziehungen zwischen BRD und DDR in den frühen 70er Jahren. Opportunismus und rein wirtschaftliche Interessen der Westseite merken sie hier ebenso kritisch an wie die MfS-Aktivitäten; die BND-Rolle müssen sie offen lassen. Der Beitrag stützt sich auf sieben Interviews mit ehemaligen Spielern und Funktionären beider Mannschaften (u. a. K. Sammer, U. Hoeneß) sowie mit Sportjournalisten, auf MfS-Unterlagen und zeitgenössische Presseberichte. Zudem wurden weitere Befragungen (Genscher, S. Maier) einbezogen. Die Stasi-Akten sind als Kopien im Anhang dokumentiert.

Literaturverzeichnis

(149 S., ms., ill. mit Kopien von Fotos, Presseausschnitten, MfS-Akten u. eines Faxes)

Quellen

Intensivinterviews, schriftliche u. telefonische Befragungen, zeitgenössische u. aktuelle Presse (u. a. Süddeutsche Zeitung, Tageszeitung München, Bild), Archivmaterial (Gauck-Behörde), Zeitungsausschnittsammlung des FC Dynamo Dresden, Fachliteratur.