Wettbewerb: Genutzt – geliebt – getötet: Tiere in unserer Geschichte Der Deutsche Schäferhund - ein Produkt des preußisch-deutschen Nationalismus

1. Preis
2001
Lang, Sascha / Hartmann, Dominic
Ralf Tschada

10. Klasse, Staatliches Landschulheim, Gymnasium, 83250 Marquartstein

83250 Marquartstein, Bayern, Deutschland

#2001-1000

Dieser Preisbeitrag beschäftigt sich mit der Entstehung der Zuchtrasse des Deutschen Schäferhunds, der Bedeutung der Hunderasse im NS und den Parallelen der durch den Schäferhund repräsentierten Sekundärtugenden mit der deutschen Geschichte. Zur Sprache kommt, dass der Schäferhund ursprünglich ein bürgerliches Züchtungsprodukt im Verein war und den universellen Gebrauchshund zum Ziel hatte. Die Aufgabenstellung des Beitrags ist folgende: Wie kam es dazu, dass die Rolle des Schäferhundes zunehmend ideologisch und symbolisch aufgeladen wurde und dass er schließlich als Metapher des NS-Rassenwahns zum Sinnbild des deutschen Wesens wurde. Der systematische Missbrauch des Tieres durch den Menschen im Krieg, als KZ-Wachhund und im Kampfeinsatz, wird untersucht. Die Quellengrundlage ist überaus vielschichtig: Zeitgenössische und wissenschaftliche Darstellungen, Verbandsquellen und Kontakte mit Züchtern sowie Filmquellen tragen zu einer breiten Fundierung der Ergebnisse und Beurteilungen maßgeblich bei. Die Verf. zeichnen in ihrem Beitrag nach, wie der Deutsche Schäferhund seit der vorigen Jahrhundertwende systematisch für militärische Aufgaben gezüchtet und ausgebildet wurde. Die Grundlagen dieser besonderen Karriere hatte der preußische Rittmeister a.D. Max von Stephanitz-Grafrath 1898 mit dem hellen Schäferhund "Greif" gelegt. Im Schäferhund sah er "typisch deutsche" Tugenden wie unbedingten Gehorsam, grenzenlose Treue, Tapferkeit und Leistungsfähigkeit ideal vereint. Beflügelt von der im Kaiserreich aufkommenden Idee der Rassekunde - durch "Reinzucht" bevorzugter Eigenschaften glaubte man das perfekte Lebewesen züchten zu können - wurde der Deutsche Schäferhund zum nationalen Sinnbild von Stärke, Disziplin und Macht, das in zahlreichen, oftmals bürgerlichen Vereinen züchterisch "fortentwickelt" wurde. Bereits im Ersten Weltkrieg war der Deutsche Schäferhund im Melde- und Nachrichtendienst eingesetzt worden. Im NS wurden die weißen Exemplare der Hunderasse, die zuvor in fast jedem Wurf vorkamen, ausgemerzt, denn der weiße Hund galt im NS als "wehruntauglich", da er zu auffällig war. Er passte nicht ins Bild einer militarisierten Gesellschaft, stellen die Autoren fest. Schließlich wurde der Weiße Schäferhund gar aus den Rassestandards des "Deutschen Schäferhundvereins" entfernt. Fortan galt der Schäferhund nicht nur als der deutscheste, sondern auch als der "reinste" aller deutschen Hunde, so die Anschauungen der Vulgärbiologie. Als Vorbild der unmenschlichen Pläne einer menschlichen Züchtung einer "reinen Herrenrasse" wurde im NS allen Ernstes die Zucht des "Deutschen Schäferhundes" gepriesen. Für die Autoren ist es wenig verwunderlich, dass die Ziele des "Deutschen Schäferhundvereins" (SV) im "Dritten Reich" mit den ideologischen Zielen der NS - "Reinigung des Volkskörpers" - viele Berührungspunkte aufwiesen. Der Schäferhund war aber nicht nur nationales Symbol, sondern auch Kampfmittel und wurde als solches im Krieg geopfert. Hunderte von Hunden erhielten zudem in der "Lehr- und Versuchsabteilung für das Diensthundewesen der Waffen-SS" eine umfangreiche Ausbildung für den Gang in den Tod: als lebende Bomben. Die Sch. stellen fest, dass ungefähr 200.000 Hunde während des NS-Regimes ihr Leben ließen. Die hellen Schäferhunde überlebten, weil sie in Kanada eine züchterische Zuflucht fanden. Hier entstand ein "White German Shepherd Club of Canada". Seine Vizepräsidentin legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass es sich dabei um keine "Kanadischen", sondern "Deutsche Schäferhunde von weißer Farbe" handelt, so die Verf. Der aus Kanada nach Deutschland zurückgekehrte Weiße Schäferhund wurde jedoch nicht wieder in den SV aufgenommen, so dass 1982 eine eigene Vereinsgründung notwendig wurde. Während sich die Zucht und die Zuchtideale bis heute nicht verändert haben, ist der Rasse durch veränderte Einsatzbereiche (Suchhund, Blindenhund) ein positiveres Image zuteil geworden (entspricht aber auch dem Ideal: treu, gehorsam etc.). Parallelen zwischen der NS-Rasseideologie und den Idealen der Züchter werden aufgezeigt und in Beziehung gesetzt. Ob die Ideologie der NS-Bewegung und die Züchtungsideale in jeder Hinsicht deckungsgleich sind, wäre zu hinterfragen, denn die Sekundärtugenden (Zuchtziele) sind bisweilen auch kennzeichnend für weite Teile der bürgerlich-modernen Welt. Es handelt sich um eine äußerst professionell gestaltete CD-ROM, die ein breites Spektrum multimedialer Gestaltung überzeugend ausnutzt. Bestechend ist das klare Grunddesign, das auch ohne Vorkenntnisse ein schnelles Navigieren ermöglicht. Besonders zu erwähnen sind auch die Quellennachweise im Text, die aufrufbaren Dokumentenabb., Bilder-, Film- und Videoausschnitte.

Literaturverzeichnis

(CD-ROM in grafisch gestalteter Schachtel 17 x 17 x 5 cm, darin auch eine Anleitung; ein Textausdruck der CD-ROM, 55 S., ms., darin: 2 S. Arbeitsbericht, ohne Ill. und Bilder)

Quellen

Bundes- und Militärarchive in Freiburg i. Br., Potsdam, München, Filmarchive und Medienbeiträge, Expertengespräch, zeitgenöss. Zeitschriften und Verbandsliteratur, Sekundärliteratur.