Wettbewerb: Aufbegehren, Handeln, Verändern – Protest in der Geschichte Die verlorene Zeit. Wie Gießener Bürger gegen die Entführung des südkoreanischen Studenten Jeung-Gil Choe protestierten

4. Preis
1999
Schummer, Dorothée Irene
Christoph Geibel

11. Klasse, Landgraf-Ludwig-Schule, 35396 Gießen

35396 Gießen, Hessen, Deutschland

#1999-0292

Im Sommer 1967 entführte der südkoreanische Geheimdienst insgesamt 17 südkoreanische Bürger, in der Regel Studenten, aus der Bundesrepublik Deutschland nach Südkorea. Dort wurden sie wegen angeblicher Spionage für das kommunistische Nordkorea zum Tode oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Nach Protesten in Deutschland und diplomatischen Interventionen wurden die Verfahren neu aufgerollt und die Angeschuldigten schließlich freigelassen. Die Verf. hat das Schicksal eines der entführten Koreaner erforscht, des Gießener Studenten Jeung-Gil Choe. Einleitend stellt sie die politischen Verhältnisse in Korea vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1969 dar. Dann geht sie auf das "Verschwinden" südkoreanischer Studenten aus der Bundesrepublik im Sommer 1967 ein und untersucht schließlich den Fall Choe in Gießen. Dazu hat sie u.a. die entsprechenden Akten im Archiv der Universität Gießen ausgewertet, in denen auch die diplomatischen Aktivitäten des Auswärtigen Amtes dokumentiert sind. So gelingt es ihr, die Vorwürfe gegen Choe zu erklären (verbotener Kontakt nach Nordkorea) und die Faktoren für seine Freilassung zu rekonstruieren. Als die Entführung offenkundig wurde, richteten der Rektor der Universität und Studenten Protestschreiben an den südkoreanischen Botschafter. Gießener Bürger wendeten sich mit einer Unterschriftenaktion an den südkoreanischen Staatspräsidenten und sammelten Geld für die Finanzierung eines Rechtsbeistandes in Korea. Das Auswärtige Amt drängte dagegen auf Zurückhaltung, um die Lage nicht weiter zu verschärfen. Als Choe zum Tode verurteilt wurde, kam es zwischen Universitätsleitung, AStA und einem studentischen Aktionskreis für Jeung-Gil Choe zu einem Konflikt über das weitere Vorgehen. Erst nach diplomatischen Interventionen konnten die entführten Koreaner in die Bundesrepublik zurückkehren. Choe ist heute deutscher Staatbürger. Die Verf. hat ihn schriftlich befragt. Sie bestätigt mit ihrer Untersuchung sein Urteil, dass der Protest der Gießener Bürger und Studenten ein wichtiger Anstoß für die diplomatischen Initiativen war.

Literaturverzeichnis

(111 S., ms., ill. mit Zeitungsmeldungen und Flugblättern, Anhang: Presseberichte, Schriftwechsel, Aktenvermerke)

Quellen

Sekundärliteratur, Bestände des Archivs der Justus-Liebig-Universität Gießen, des "Gießener Anzeigers" und der "Gießener Allgemeinen Zeitung", Anfrage an das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes, Sendeprotokoll des Magazins "Monitor" (WDR).