Wettbewerb: Alltag im Nationalsozialismus II (Kriegsjahre) "Juden ist der Besuch deutscher Schulen nicht gestattet"

1. Preis
1983
Treppner, Karin u. a. (9 Verfasser)
Theodor-Wilhelm Cramer

8. Klasse, Nicolaus-Cusanus-Gymnasium, 5300 Bonn 2.

53175 Bonn, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

#1983-0318

Die Arbeit, die als "Album, das auch als Ausstellung verwendet werden kann" aufgemacht ist und deren technische Fertigstellung von der gesamten Klasse 8 a mitgetragen wurde, enthält zwei Beiträge: im ersten Teil rekonstruieren und dokumentieren die Verfasser die Einrichtung der jüdischen Schule von den ersten Aktenvermerken/Protokollen über das Genehmigungsverfahren bis zur Finanzierung der Schule. Sie berichten über die Rassenpolitik in den Schulen, von denen jüdische Lehrer vertrieben und Schüler verwiesen wurden, das Verbot für Juden, deutsche Schulen zu besuchen und die wachsenden Schwierigkeiten jüdischer Schulen, die u. a. durch die Auswanderung von Lehrern entstanden. 1941 wurde die jüdische Volksschule, nachdem sie 1939 von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland übernommen worden war, ins Benediktinerinnen-Kloster Endenich, der Sammelstelle für Deportationen in die Vernichtungslager, verlegt und im Juli 1942 "geschlossen". Im zweiten Teil rekonstruieren die Schüler das Schicksal eines Bonner Mädchens in den Jahren von 1934 bis 1945. Sie dokumentieren die Bitte der Großmutter, das 1940 schulpflichtig gewordene Kind auf eine deutsche Schule schicken zu dürfen und die erschreckende "Gründlichkeit" sowie den administrativen Aufwand, mit dem unter Einschaltung verschiedener Behörden (Oberbürgermeister, Meldeamt, Schulamt, Regierungspräsident) bestimmt wurde, daß das evangelisch getaufte Kind wegen dreier jüdischer Großelternteile als Jüdin zu gelten hätte. Ersuche der Großmutter um Privatunterricht wurden abgelehnt, beschäftigten aber weiter die Behörden: Schulrat und Regierungspräsident sind sich nicht einig, ob das Kind als "Mischling" oder "Jüdin" einzustufen sei. Bis zur Entscheidung wird das Kind auf Antrag der Großmutter von der Schulpflicht befreit; ein Gesuch an den Reichsinnenminister, die Enkelin als "Mischling 1. Grades" anzuerkennen, wird abgelehnt. Damit endet das Aktenmaterial. Die Schüler machen das Haus ausfindig, in dem das Kind "N." lebte, und nehmen Verbindung mit N. auf, die in einem Tonbandinterview berichtet, daß sie nach der Befreiung von der Schulpflicht in einem jüdischen Kinderheim in Düsseldorf lebte, von wo sie durch ihre Mutter kurz vor der Deportation der Kinder abgeholt, etwa zwei Jahre lang im Haus ihrer Großmutter in Bonn versteckt und durch die Hilfe von Freunden und Nachbarn zunächst nach Köln und dann nach Sinzing gebracht wurde, wo sie unter falschem Namen bei Freunden 1945 die Befreiung erlebte. Die Verfasser befragen ehemalige Nachbarn der N. nach ihren Erinnerungen. Sie formulieren abschließend ihre "Meinungen und Erfahrungen", in denen sie v. a. ihr gewachsenes Mißtrauen gegen ns-verwandte Schlagwörter, Reden von Politikern und wachsende Ausländerfeindlichkeit bekunden.

Literaturverzeichnis

(74 S. DIN A 3, (Plakat) handschriftl., zahlr. Fotos).

Quellen

Stadtarchiv Bonn: Aktenbestände in Sachen jüdischer Volksschule und "N."; Interviews; Sekundärliteratur.