„War and Dreams“ - Kinderzeichnungen aus der Ukraine
Wie sehen Kinderaugen den Krieg in der Ukraine? Das wurde auf der EUSTORY-Netzwerktagung sichtbar, die vom 6. bis 10. März 2024 in Chișinău, der Hauptstadt der Republik Moldau, stattfand. Zwei ukrainische Lehrerinnen, die sich beim langjährigen EUSTORY-Mitglied Nova Doba engagieren, brachten Zeichnungen ihrer Schülerinnen und Schüler mit. In ihren Bildern beschäftigen sich die Kinder mit der kriegsbedingten Zerstörung und der Missachtung von Kinderrechten, aber auch mit der ukrainischen Souveränität und der Hoffnung auf Frieden.
Eine digitale Ausstellung zeigt jetzt die Bilder der Kinder. Ihre Lehrerinnen Nataliya S. und Iryna K. geben Einblicke in ihre Bildungsarbeit unter den Bedingungen des Krieges.
Kinderzeichnungen
Die Schülerinnen und Schüler kommen aus der Kleinstadt Kozelets, 80 Kilomenter nördlich von Kyjiw, und Iwano-Frankiwsk im Westen der Ukraine. Als sie von der Auslandsreise ihrer Lehrerinnen erfuhren, gaben sie ihnen Zeichnungen für die EUSTORY-Netzwerktagung mit.
Die Bilder sind im Kunst- und Geschichtsunterricht entstanden. Sie bewegen sich zwischen friedlichen Traumwelten und der Realität des russischen Angriffskrieges. Ukrainische Nationalsymbole wie Weizenähren oder Sonnenblumen sind verbunden mit Hoffnungen und Zukunftsvisionen.
Oleksandra malt das Flugzeug „Mrija“ (übersetzt Traum), einst größtes Flugzeug der Welt, im steilen Flug nach oben. Damit gibt sie ein neues Leben für ein Flugzeug, das im Februar 2022 durch russische Angriffe auf den Flughafen Kyjiw-Hostomel vollständig zerstört wurde.
Unterricht in Zeiten des Krieges
„Wann immer ein Luftangriff stattfindet, bringen wir die Schülerinnen und Schüler in den Schutzraum. Nach dem Angriff setzen wir den Unterricht fort.“
Nataliya S.
Geschichtslehrerin in Iwano-Frankiwsk
Der Alltag in den Schulen in Kozelets und Iwano-Frankiwsk ist stark vom Krieg geprägt.
Die Geschichtslehrerin Nataliya S. erzählt, wie der Unterricht immer wieder von Luftalarm unterbrochen wird. Die Kinder machten sich aber weniger Sorgen um sich selbst als um die Sicherheit ihrer Verwandten. Denn in ihre Schule sind viele Kinder gekommen, die aus Orten von Kampfhandlungen und aus von Russland besetzten Gebieten geflohen sind.
Einige Kinderzeichnungen sind im Geschichtsunterricht von Nataliya S. entstanden, als es um das Thema „Menschenrechte“ ging. Die Schülerinnen und Schüler verbinden das abstrakte Thema mit der aktuellen Kriegssituation im eigenen Land. Zitate aus dem UN-Bericht zu den Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder von 1996 stehen dabei Bildern von Kriegsgerät und zerstörter Infrastruktur gegenüber.
Während die Schule von Nataliya S. weit von der Front entfernt ist, befindet sich die Schule von Iryna K. in einem Ort, zu dem russische Truppen im Frühjahr 2022 nah vorgerückt sind. Der Präsenzunterricht musste aus Sicherheitsgründen ausgesetzt werden. Erst im Januar 2024, als ein Luftschutzbunker eröffnet wurde, konnten die Kinder zurück in die Schule kommen. Seitdem mussten das Lehrpersonal sich konstant weiterbilden: Erste Hilfe bei Kriegsverletzungen und der richtige Umgang mit Minen stehen nun auf dem Lehrplan.
NOVA DOBA – ukrainisches Gründungsmitglied im EUSTORY-Netzwerk
Die Zeichnungen wurden von April bis Juni als Pop-Up Ausstellung in den Räumlichkeiten der Körber-Stiftung präsentiert, um die Arbeit der Kinder und der langjährigen ukrainischen Partner der Körber-Stiftung zu würdigen.
Denn die Ukraine ist Gründungsmitglied von EUSTORY. Mitglied Nova Doba, der Allukrainische Lehrerverband für Geschichte und Sozialkunde, organisiert bereits seit 1997 einen erfolgreichen Geschichtswettbewerb. Seit 2017 wird der Wettbewerb im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit Körber-Stiftung und DVV International durchgeführt und vom Auswärtigen Amt finanziert.
Auch nach Beginn des umfassenden russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022 läuft der Geschichtswettbewerb weiter. Anfang Juni wurden auf einer digitalen Preisverleihung die Gewinnerbeiträge der aktuellen Runde ausgezeichnet. Trotz Krieg und Flucht nahmen mehr als 600 Kinder und Jugendliche teil.
Mit finanzieller Unterstützung der Körber-Stiftung organisiert Nova Doba seit 2022 außerdem Bildungsangebote für Binnengeflüchtete, Jugendmedienseminare und Fortbildungen für Lehrkräfte auch aus besetzten oder von Kampfhandlungen betroffenen Gebieten.