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Was Eltern über die berufliche Zukunft ihrer Kinder denken

Mit unserer repräsentativen forsa-Umfrage wollen wir die Sorgen, Wünsche und Vorstellungen von Eltern sichtbar machen und dazu beitragen, dass sie Gehör finden. Dazu fand im Zeitraum vom 28. April bis zum 12. Mai 2023 eine Online-Befragung unter 1.010 Eltern von Kindern zwischen 12 und 18 Jahren in Deutschland statt. Der nachfolgende Abschnitt fasst zusammen, was Eltern laut den Ergebnissen zur beruflichen Zukunft ihrer Kinder denken.

Eltern im Fokus 2023: Bildung und berufliche Zukunft

Zu den vollständigen Ergebnissen

Eltern im Fokus 2023
Die Ergebnisse unserer Elternumfrage inkl. Einordnungen der Expert:innen als digitale Broschüre.

Relevante Akteurinnen und Akteure für gute Bildung und den Berufseinstieg

Die Eltern schreiben dem Kind selbst mit seiner Motivation und seinem Engagement die wichtigste Rolle zu, wenn es um gute Bildung und einen erfolgreichen Berufseinstieg geht (98 %). Gleichzeitig ist fast allen Eltern auch ihre eigene Rolle für die berufliche Zukunft ihrer Kinder bewusst: 97 Prozent sehen sich selbst als (sehr) wichtig an. Im Mittelfeld der Bewertung liegen die erweiterte Familie und außerschulische Bildungs- und Freizeitangebote (71 % bzw. 64 %), während Beratungsstellen und Sozialarbeit als weniger relevant eingestuft werden (33 % bzw. 24 %).

„Bildungsentwicklung hängt immer von sozialen Konstellationen ab. Wenn es um gute Bildung und den Berufseinstieg geht, schreiben Eltern ihrem eigenen Kind und seiner Motivation laut den Ergebnissen die größte Bedeutung zu. Diese Einschätzung greift mir zu kurz. Motivation ist keine angeborene Fähigkeit, sondern abhängig von vielen unterschiedlichen Faktoren. Die Familie, andere Peergroups, aber auch die Klassenzugehörigkeit prägen die Bildungsmotivation der Kinder. Mangelt es an Selbstvertrauen oder besteht die Angst vor Entfremdung zum eigenen Umfeld im Falle des Bildungserfolgs, distanzieren Kinder sich von der Schule.“

Dr. Çağrı Kahveci

Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Bundeselternnetzwerks der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt) und Leiter des Projekts „KEBiK – Kompetente Eltern für die Bildung ihrer Kinder“

Gewünschte Berufsfelder

Diese Berufsfelder wünschen sich Eltern später für ihr Kind:

Bitte geben Sie für jedes Berufsfeld an, ob Sie es grundsätzlich befürworten würden, wenn Ihr Kind später einmal in diesem Bereich arbeitet, oder ob Sie das eher nicht befürworten würden. Antwortmöglichkeiten: würde ich befürworten – würde ich eher nicht befürworten
Bitte geben Sie für jedes Berufsfeld an, ob Sie es grundsätzlich befürworten würden, wenn Ihr Kind später einmal in diesem Bereich arbeitet, oder ob Sie das eher nicht befürworten würden. Antwortmöglichkeiten: würde ich befürworten – würde ich eher nicht befürworten

Die Zukunftsbranchen „Naturwissenschaft, Forschung“ und „Technik, Technologie“ werden von den Eltern am häufigsten befürwortet, gefolgt von „Wirtschaft, Verwaltung“ und „IT-Service“. Auf den unteren Positionen bewegen sich „Gesundheit, Pflege“ (57 %), „Verkehr, Logistik“ (53 %), „Produktion, Fertigung“ (53 %) und „Kunst, Kultur, Gestaltung“ (52 %).

In der Bewertung der Eltern zeichnen sich Geschlechterunterschiede ab: Während Väter z.B. Technik und IT-Service häufiger als Mütter befürworten (84 % vs. 78 %, 78 % vs. 69 %), ist es bei Sozialem (62 % vs. 71 %) und Gesundheit (53 % vs. 61 %) umgekehrt.

Sichtbarer werden die Unterschiede noch beim Geschlecht der Kinder. Eltern von Mädchen wünschen sich deutlich häufiger z.B. Berufe im Bereich Medizin oder Gesundheit während Eltern von Jungen deutlich häufiger z.B. Technik, Programmieren, Elektro und Maschinenbau unterstützen:

„Mit Blick auf die Zukunft stecken wir, was Geschlechterstereotype angeht, leider noch in der Vergangenheit fest. Vorherrschende Zuschreibungen sind auch unter Eltern weiterhin stark verbreitet und werden im Hinblick auf die berufliche Zukunft in Teilen an ihre Kinder weitergegeben. Die Stereotype schlagen sich deutlich in der unterschiedlichen Bewertung der Berufsfelder nieder, sind aber auch in den Vorstellungen zum Ausbildungsweg zu finden.“

Teresa Moll

Bereich Bildung, Körber-Stiftung

Gewünschter Ausbildungsweg

53 Prozent der Eltern wünschen sich für ihre Kinder kein rein akademisches Studium. Ein Drittel (33 %) befürwortet die klassische Ausbildung, 20 Prozent ein duales Studium. 30 Prozent der Eltern wünschen sich ein klassisches Studium für ihr Kind.

Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse zeigen sich darüber hinaus Unterschiede nach Bildungshintergrund der Eltern: Eltern mit Hauptschul- oder mittlerem Abschluss wünschen sich für ihre Kinder deutlich häufiger eine Ausbildung als ein Studium. Bei Eltern, die selbst Abitur gemacht oder ein Studium absolviert haben, steht der Wunsch nach einem Studium des Kindes weiter oben.

Auch in Abhängigkeit vom Geschlecht des eigenen Kindes zeigen sich Unterschiede in den gewünschten Ausbildungswegen: Eltern von Mädchen wünschen sich deutlich häufiger ein Studium für ihre Töchter (35 %), während Eltern von Jungs eher eine Ausbildung für ihre Söhne (37 %) präferieren.

Relevante Aspekte bei der Berufswahl

Das Thema Selbstverwirklichung steht für Eltern an erster Stelle der Aspekte, die sie für ihre Kinder im Berufsleben als wichtig erachten (96 % (sehr) wichtig). Erst daran anschließend finden sich klassische Sicherheitsaspekte wie sicheres Einkommen (84 %), Arbeitsplatzsicherheit (82 %) und Vereinbarkeit mit Familie (87 %). Wenn man bedenkt, dass der Ruf nach Sinnhaftigkeit häufig den jüngeren Generationen zugeschrieben wird, ein interessantes Ergebnis. Ebenfalls überraschend werden traditionelle Aspekte wie Status und Ansehen, Einfluss und Macht von den Eltern als am wenigsten wichtig bewertet.

„Mich überrascht, dass Status und Ansehen so weit hinten liegen, wenn es darum geht, was Eltern für den späteren Beruf ihrer Kinder als wichtig erachten. Das erlebe ich in meiner Praxis anders – hoch angesehene Berufe, wie Anwalt oder Arzt, liegen hier häufig vorne. Gleichzeitig finde ich auffällig, dass es Eltern besonders wichtig ist, dass ihr Kind sich im Job selbst verwirklichen kann. Einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, stufen sie hingegen als weniger relevant ein. Hier zeigt sich für mich ein normativer Wandel der Gesellschaft hin zu mehr Individualismus.“

Dr. Çağrı Kahveci

Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Bundeselternnetzwerks der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt) und Leiter des Projekts „KEBiK – Kompetente Eltern für die Bildung ihrer Kinder“

Berufsorientierung

  • 96 Prozent der Eltern unterstützen ihr Kind bei der Berufsorientierung. Die bedeutsamsten „Unterstützungsformate“ sind dabei persönliche Gespräche (79 %), die Hilfe bei der Praktikumssuche (58 %) oder die Vermittlung von Kontakten (51 %). Die Einbindung externer Angebote wie z.B. Berufsberatung oder Mentoring spielt eine deutlich untergeordnete Rolle (21 % bzw. 9 %).
  • Mehr als ein Drittel der Eltern (39 %) bewertet es als größte Schwierigkeit, den Überblick zu behalten, wenn es um die Unterstützung ihres Kindes bei der Berufsorientierung und -findung geht. Gleichzeitig sieht knapp ein Viertel (24 %) keinerlei Schwierigkeiten darin, ihr Kind im Prozess zu unterstützen.
  • Wenn es um Informationsquellen geht, greifen Eltern mehrheitlich auf das eigene Umfeld zurück: 76 Prozent der Eltern informieren sich hauptsächlich im Rahmen von Gesprächen mit Familie sowie im Freundes- und Bekanntenkreis zu Berufsmöglichkeiten für ihr Kind. Sie nutzen aber auch Internetportale (64 %) und Beratungsangebote in und außerhalb der Schule (je 40 %).
  • Als schulische Angebote zur Berufsorientierung sind Eltern vor allem Betriebspraktika (74 %) und Praxistage (47 %) bekannt. 56 Prozent der Eltern bewerten diese Angebote als gut bzw. sehr gut, immerhin 40 Prozent hingegen mit weniger gut oder schlecht.

Eltern im Fokus 2023: Bildung und berufliche Zukunft

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