AR-Monument "G@r1B@ldA!" von Carla Gannis (2022) für ARORA NYC (Washington Square Park)

AR-Monument "G@r1B@ldA!" von Carla Gannis (2022) für ARORA NYC (Washington Square Park)

#MakeUsVisible – Mit moderner Technologie zu inklusiver Erinnerung

Was haben München, New York und Venedig gemeinsam? Sie sind Orte mit vielen Denkmälern. Doch seit kurzer Zeit gibt es dort mehr zu sehen als angestaubte Steintafeln: Das Künstler:innen-Kollektiv von Arora macht aus Denkmälern ein Augmented Reality-Erlebnis. Nun haben wir die Hamburg-Edition moderner Erinnerungskultur gelauncht.

Weltweit erinnern rund 90 Prozent aller Denkmäler männliche, weiße Persönlichkeiten. Wo sind die Frauen? Wo non-binäre Menschen? BIPoCs? Laut der #MakeUsVisible-Kampagne erinnern weltweit mehr Denkmäler an Pferde als an Frauen. Diese Tatsache haben wir zum Anlass genommen, um am 9. September 2023 gemeinsam mit dem Künstler:innen-Kollektiv von Arora, speziell Michelle Warsönke, und den Entwicklern von Scavengar unser AR-Denkmal für die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann vor dem Hamburger Rathaus zu enthüllen.

Bisher schien die Erinnerungskultur in Stein gemeißelt. Doch moderne Technologien fordern alte Strukturen heraus, und eröffnen damit eine Debatte darüber, wie und an wen in Zukunft erinnert werden soll. Mit XR-Technologie hat Arora neue, virtuelle Denkmäler erschaffen, um an die Personen zu erinnern, die bisher vergessen wurden. Um die Kunstwerke in New York, Frankfurt und jetzt auch Hamburg zu sehen, braucht es nicht mehr als ein Smartphone und einen QR-Code – schon wird das Denkmal durch das Telefon in die Umgebung projiziert.

#MakeUsVisible in Hamburg

Das Programm eCommemoration der Körber-Stiftung hat das Erinnern 2.0 in die Hansestadt gebracht. Die junge Künstlerin Michelle Warsönke gestaltete mit Hilfe moderner Technologie ein Denkmal für die Hamburgerin Lida Gustava Heymann. Neben der Präsentation des Kunstwerks rücken wir auch das Leben unserer Protagonistin in den Fokus. Heymann ist eine zentrale Person der Frauenbewegung aus der Zeit des Kaiserreichs, wenngleich sie Deutschland früh verließ.

Bereits 1923 forderte sie die Ausweisung Adolf Hitlers aus Deutschland. Während Hitlers „Machtergreifung“ 1933 befand sie sich auf einer Auslandsreise, von der sie nicht mehr nach Deutschland zurückkehrte. Die Bibliothek und alle Unterlagen aus der jahrzehntelangen Arbeit von Heymann (und von deren Arbeits- und Lebensgefährtin Anita Augspurg) in der nationalen und internationalen Frauenbewegung gingen verloren.

Heymann ist feministisch, bürgerlich und radikal – vor allem jedoch ist sie nicht unkritisch zu betrachten. Heymann geriet für behindertenfeindliche Äußerungen vor einigen Jahren in die Kritik. Diese Ambivalenz thematisieren wir am AR-Kunstwerk. Das Denkmal leistet so einen wichtigen Beitrag zu einer reflektierten Erinnerungskultur, deren Charakter postheroisch ist, indem genau diese Ambivalenzen von Menschen sichtbar ins Blickfeld gerückt werden. Damit bezwecken wir, die Diskussion über Würdigung und kritische Auseinandersetzung mit einer Person in unserer Erinnerungskultur anzuschieben. Das Denkmal für Lida Gustava Heymann ist interaktiv gestaltet. Dabei werden alle Möglichkeiten ausgenutzt, die AR heutzutage bietet, um ein audio-visuelles Erlebnis für die Betrachtenden zu schaffen.

Lida Gustava Heymann
Lida Gustava Heymann Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1987-143-05 / CC-BY-SA 3.0

Das von der Körber-Stiftung getragene Teilprojekt der Kampagne #MakeUsVisible wird in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg durchgeführt. Die Kampagne wurde vom Künstler:innenkollektiv Arora ins Leben gerufen, konzeptionell als auch technisch begleitet von Scavengar.