2. Preis Sektion Sozialwissenschaften 2021
Nadine Knab hat psychologische Interventionen entwickelt und getestet, um die Situation von Geflüchteten in der Aufnahmegesellschaft zu verbessern.
Die Forschung
Wie Psychologie Vorurteile gegenüber Geflüchteten entkräften kann
Text: Dorthe March
Das Thema Asyl spaltet die Gesellschaft – und stellt Politikerinnen und Politiker, die Zivilgesellschaft sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor die Frage, wie Kompromissbereitschaft, Kooperation und gezielte Unterstützung in diesem Kontext erreicht werden können. „Psychologische Forschung, insbesondere sozialpsychologische Interventionen, kann auf ganz verschiedenen zwischenmenschlichen Ebenen einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen festgefahrene Positionen – zum Beispiel zum Thema Flucht und Asyl – hinterfragen und sogar umdenken“, erklärt Knab den Ansatz ihrer Forschung.
Aus Knabs Studien sticht die sogenannte Paradoxe Intervention als zielführend für die Erhöhung von Offenheit bei Personen mit negativen Einstellungen gegenüber Geflüchteten hervor. Knab: „Die Stärke dieser Intervention besteht darin, dass die Wahrnehmung der Rezipientinnen und Rezipienten nicht negiert wird, sondern diese extremer darstellt, sodass Personen sich davon distanzieren und ein eigener Reflexionsprozess angeregt wird.“ Beispielsweise wurde aus der Wahrnehmung, dass sich kulturelle Veränderungen ergeben, die Frage „Warum glauben Sie, dass wir aufgrund der erhöhten Flüchtlingszahlen kein Weihnachten mehr feiern werden?“. Eine Reihe von vier Experimenten konnte Knabs für Laien vielleicht unerwartete Annahmen zur Paradoxen Intervention stützen: Je stärker die negative Einstellung der Teilnehmenden, desto eher zeigten sie in den Experimenten Kompromissbereitschaft und Offenheit für Informationen in Bezug auf Geflüchtete.
„Darüber hinaus hat mich im Speziellen interessiert, wie eine theoriebasierte sozialpsychologische Intervention aussehen kann, die Kooperation zwischen Repräsentantinnen und Repräsentanten verschiedener Länder erhöht“, erläutert Knab. Zum Beispiel hat sie ein Training mit angehenden Diplomatinnen und Diplomaten abgehalten, um deren Kooperationsbereitschaft in Bezug auf menschenrechtsrelevante Themen – inklusive der Unterstützung von Geflüchteten – zu fördern. Und tatsächlich nahmen sich die Teilnehmenden als Mitglieder der Trainingsgruppe, die die Vereinten Nationen darstellen sollte, als vielfältiger wahr, was ihre Kooperationsbereitschaft erhöhte. „Aus meinen Studien lassen sich konkret Implikationen für den Umgang zum Beispiel mit Hate Speech in sozialen Medien, Hinweise für Nichtregierungsorganisationen und ihre Kampagnen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten für angehende Diplomatinnen und Diplomaten ableiten”, fasst Knab zusammen.
„Aus meinen Studien lassen sich konkret Implikationen für den Umgang zum Beispiel mit Hate Speech in Sozialen Medien, Hinweise für Nicht-Regierungsorganisationen und ihre Kampagnen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten für angehende Diplomatinnen und Diplomaten ableiten.“
Studienpreisträgerin Nadine Knab
Die Preisträgerin
Nadine Knab
Nadine Knab hat von 2015 bis 2020 an der Universität Koblenz-Landau im Fachbereich Psychologie promoviert. Zuvor studierte sie dort Psychologie. Seit Abschluss ihres Promotionsverfahrens ist sie Postdoc Fellow am Boris Mints Institute for Strategic Policy Solutions to Global Challenges an der Tel Aviv University, Israel.
Beitragstitel:
Warum glaubst du, dass wir nie wieder Weihnachten feiern werden?
Sozialpsychologische Interventionen zur Unterstützung von Geflüchteten
Kontakt zu Nadine Knab: knab@mail.tau.ac.il
Promotion an der Universität Koblenz-Landau,
Fachgebiet Psychologie