2. Preis Sektion Geistes- und Kulturwissenschaften 2021

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Helena Barop hat die verheerenden Nebenwirkungen der US-Drogenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg aufgedeckt.

Die Forschung

Krieg ohne Sieger – der „War on Drugs” der USA

Text: Dorthe March

Das Drogenproblem ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, an dem die USA bis heute scheitern, sagt Historikerin Helena Barop: „Bei dem Versuch, Drogenimporte aus der Türkei, Frankreich, Thailand, Burma, Laos und Mexiko zu verhindern, verstrickte sich die Supermacht zwischen 1950 und 1979 in einen zermürbenden globalen Drogenkrieg.”

In ihrer Dissertation zeichnet sie ein opulentes Bild dieser Zeit und der Bemühungen der Vereinigten Staaten in ihrem „War on Drugs”: „Die US-amerikanischen Drogenbehörden bildeten unter anderem weltweit Drogenpolizisten aus. Lieferten Hubschrauber und Waffen. Verhafteten südfranzösische Heroinköche. Verboten die wichtigste Einkommensquelle der zentralanatolischen Bäuerinnen und Bauern. Besprühten in abgelegenen mexikanischen und burmesischen Berggegenden Opiumfelder mit Gift. Und konnten damit nie merklich die Einfuhr von Heroin in die USA reduzieren.”

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Das Vorgehen der USA beschreibt Barop als „Tragikomödie mit verheerenden Folgen”. Das Tragische – das sind zum Beispiel Berichte darüber, dass mexikanische Polizisten mit amerikanischer Unterstützung Aufständische folterten. Komisch kann sie allerdings finden, „wie die USA immer wieder über ihre eigenen Füße stolpern”. Ein Beispiel: Anfang der 1970er-Jahre hatte die Türkei den Opiumanbau aufgrund US-amerikanischer Interventionen aufgegeben. Doch als 1974 in Ankara wieder eine demokratische Regierung an der Macht war, wurde das Anbauverbot sofort aufgehoben – „was auch die USA freute, denn zwischenzeitlich war es auf den legalen Märkten zu Opiumengpässen gekommen, die in den USA die Herstellung von Codein – für Hustensaft – gefährdet hatten”, erklärt Barop.

„Staaten scheitern hier als Staaten. So wie Staaten arbeiten und funktionieren, können sie in diesem Bereich nicht erfolgreich sein.“

Studienpreisträgerin Helena Barop

Die globale Drogenpolitik der USA sei geprägt gewesen von Zufällen, Paradoxien und Interessenkonflikten. Mittel- und langfristig sei sie Barops Forschung zufolge aus zwei Gründen wirkungslos gewesen: Erstens scheiterten die USA am Widerstand der Länder, auf deren Kooperation sie in der Drogenbekämpfung angewiesen waren. Zweitens scheiterten sie, weil sie als Staat versuchten, einen ungleichen Gegner zu bezwingen – die Drogenökonomie, die anpassungsfähiger, schneller und flexibler ist als ihre staatlichen Gegner. „Staaten scheitern hier als Staaten“, fasst Barop dieses Teilergebnis zusammen. „So wie Staaten arbeiten und funktionieren, können sie in diesem Bereich nicht erfolgreich sein.“ Diese Erkenntnis ernüchtert rund 60 Jahre später auch zum Beispiel Regierungsorganisationen, die sich auf der Suche nach der richtigen Drogenpolitik an Barop wenden. Die Historikerin: „Legt man Strategien der Vergangenheit nebeneinander, kann man nur beschreiben, was nicht klappt – und sich so einer Lösung nähern.“

Die Preisträgerin

Helena Barop

Helena Barop studierte von 2006 bis 2013 Neuere und Neueste Geschichte, Philosophie und Vergleichende Geschichte der Neuzeit an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo sie 2020 auch promovierte. Von 2014 bis 2015 war sie dort zudem Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte. Derzeit ist sie als freie Autorin tätig.

Beitragstitel:
Mohnblumenkriege – Warum der globale War on Drugs gescheitert ist 

Kontakt zu Helena Barop: helena.barop@geschichte.uni-freiburg.de

Promotion an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,
Philologische und Philosophische Fakultät

Materialien zum Download

Wettbewerbsbeitrag
Deutscher Studienpreis 2021

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