Gebundenes Leben: Bedrohte Gefühle
Wie geht man mit der eigenen Sprachlosigkeit angesichts des Krieges um? Die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk setzt dem Schrecken persönliche Geschichten entgegen. Über Emotionen in Zeiten des Krieges spricht sie mit der Historikerin Ute Frevert. Es moderiert Joachim Telgenbüscher.
Der russische Angriff auf die Ukraine provozierte weltweit heftige emotionale Reaktionen. In ihrer „Klagenfurter Rede zur Literatur“ im Juni 2023 berichtete die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk von ihrer eigenen Sprachlosigkeit angesichts der russischen Invasion. Sie bekannte, Angst zu haben vor einer Sprache, „die Millionen von mehrheitlich friedlichen Bürgern überzeugen kann, im Recht zu sein, andere zu ermorden“.
Kann Literatur dazu beitragen, den Krieg zu beenden? Im Versuch, dieser Sprachlosigkeit zu entfliehen, setzt sie dem Schrecken eine emotionale Geschichte der Angegriffenen entgegen. Was bedeutet Krieg für die Erinnerung und verändert sich durch eine solche Zäsur der emotionale Blick auf die eigene Geschichte?
Zugleich wird auf einen Krieg nicht bloß emotional reagiert, Gefühlsregungen beeinflussen sowohl Akteure als auch Beobachter:innen in ihren konkreten Handlungen. Auch in Deutschland löste der russische Angriffskrieg sowohl Bestürzung und Angst als auch Solidarität aus. Welche Bedeutung trägt bei diesen individuellen und kollektiven Gefühlsäußerungen die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts? Gibt es einen emotionalen Nachhall der Erlebnisse vergangener Generationen? Und welche Wirkmächtigkeit hatten Emotionen in der Geschichte?
Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Tanja Maljartschuk und der Historikerin Ute Frevert. Es moderiert Joachim Telgenbüscher, Redaktionsleiter GEO EPOCHE.
Die vierteilige Reihe »Gebundenes Leben« in Kooperation mit dem Literaturhaus Hamburg setzt sich mit Widerstand und Resilienz, Emotionen, Gewalt und Grenzen in verschiedenen Kontexten des Krieges und Friedens auseinander.