Stadtlaborant:innen in Hoyerswerda

Foto: HY-photo Gernot Menzel

Stadtlabor 2022

Auch 2022 lädt die Körber-Stiftung kommunale Akteur:innen und Entscheider:innen zu ihrer dreiteiligen Werkstattreihe, dem Stadtlabor demografische Zukunftschancen, ein. Ziel ist es, den Teilnehmenden, die maßgeblich für das Altersmanagement vor Ort verantwortlich sind, vertiefende Einblicke in ausgewählte Demografie-Themen und Inspiration für ihre Strategieplanung zu geben.

Werkstatt 1 – Austausch und Input für kommunale Gestalter:innen

Wie coronabedingt mittlerweile gewohnt, fand die Auftaktveranstaltung des Stadtlabors 2022 per Video-Konferenz statt.

Das Stadtlabor bietet den Teilnehmenden Austausch und Impulse für die unterschiedlichen Herausforderungen, die der demografische Wandel in den Kommunen mit sich bringt. Beim ersten Treffen referierte Frederick Sixtus, Projektkoordinator Demografie Deutschland beim Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Er brachte den Stadtlaborant:innen detaillierte Daten näher, unter anderem zum Einfluss von Wanderungssaldi und Geburtenraten auf die Bevölkerungsentwicklung. Sixtus vertiefte spannende Beispiele anhand der teilnehmenden Kommunen. Darüber hinaus gab er erste Handlungsempfehlungen, wie eine altersfreundliche Kommune umgesetzt werden kann.

Neben wissenschaftlicher Expertise ist der kollegiale Austausch fester Bestandteil des Stadtlabors. In diesem Format tragen die Teilnehmenden in kleinen Gruppen aktuelle Themen vor, tauschen sich aus und diskutieren diese gemeinsam, um so von den Erfahrungen aus anderen Kommunen profitieren zu können. Schwerpunkte des ersten Treffens 2022 waren die Fragen „Was beschäftigt uns beim Thema Wohnen in der altersfreundlichen Stadt?“ und „Wie beeinflusst die Pandemie unsere Arbeit mit Älteren und Demografiethemen?“. Besonders intensiv wurde der Themenkomplex Wohnen im Alter diskutiert. Dabei wurden unterschiedliche Dimensionen und Fragen identifiziert, welche die teilnehmenden Kommunen aktuell besonders beschäftigen. Wie soll künftig mit der steigenden Nachfrage nach altersgerechtem und bezahlbarem Wohnraum umgegangen werden? Wie können ältere Bewohner:innen in soziale Quartiersbezüge eingebunden werden? Welche alternativen Wohnformen zwischen allein bewohntem Einfamilienhaus und Seniorenresidenz kann und wird es geben? Dr. Nico Ritz, Bürgermeister der Stadt Homberg (Efze), stellt heraus, dass es darum gehe, altersgerechtes Wohnen qualitativ und teilhabeorientiert zu organisieren, sowohl in der Ausstattung und Barrierefreiheit als auch in Sachen Teilhabe und Quartiersbezug. Besonders ländlich geprägte Kommunen stehen dabei vor der großen Herausforderung sich verändernder Mobilität im Alter, betont Sonja Thomas, Stabsstelle Nachhaltigkeit und Beteiligung der Stadt Geestland. Hier werde die Mobilität stark von ehrenamtlichem Engagement und einer gut funktionierenden Nachbarschaftshilfe gestützt.

„Wir brauchen mehr inspirierende Ideen vom zukünftigen Wohnen im Alter und brauchen tragfähige und motivierende Bilder vom Zusammenleben. Wir als Kommunen müssen neue Bilder und Orte schaffen.“

Christian Bergmann

Leiter des Fachbereichs Familie und Soziales aus der Stadt Schorndorf

Werkstatt 2 – Strategie: Altersfreundlichkeit in Arnsberg

Arnsberg im Sauerland versteht Altersfreundlichkeit als wichtige städtische Gestaltungsaufgabe. Die Fachstelle Zukunft Alter sicher die nachhaltige Verankerung des Themas in der Kommune und der Verwaltung. Sie bringt die Perspektive älterer Bewohner:innen in die gebaute Stadtentwicklung, in vielfältige soziale Initiativen und Begegnungsangebote ein. Netzwerke und Initiativen stärken das bürgerschaftliche Engagement im Alter, das Miteinander der Generationen und den Umgang mit Demenz. Bürger:innen am Ende ihres Erwerbslebens werden für die Gründung nachberuflicher Projekte qualifiziert.

Der Leiter der Fachstelle, Martin Polenz, verweist auf die Erfolgsfaktoren der Altenarbeit in Arnsberg: Die Fachstelle hat die Rückendeckung der Verwaltung und arbeitet mit allen Ressorts eng zusammen. Aber auch Kooperationen mit externen lokalen Partnerorganisationen – von der Handwerkskammer bis zur Musikschule – sichern eine hohe Qualität für Aktivierung, Partizipation und Versorgung älterer Menschen.

Von dieser strategischen kommunalen Arbeit in der „Stadt des langen und guten Lebens“ konnten sich am 25. und 26. April Bürgermeister:innen und Demografieverantwortliche aus Kommunen in ganz Deutschland überzeugen. Als Teilnehmende des Stadtlabors demografische Zukunftschancen der Körber-Stiftung waren sie zu Gast in Arnsberg. Sie besuchten außerdem das neue Wohnviertel Müggenberg und Rusch mit seinem generationsverbindende Baukonzept. In einem Expertenworkshop erprobten die Stadtlaborant:innen im kollegialen Austausch Bausteine zum wirkungsorientierten Arbeiten.

  • Fotos: Boris Golz Fotografie GmbH

Werkstatt 3 – Das resiliente Quartier in Hoyerswerda

„Glück auf“ hieß es für 15 Stadtlaborant:innen beim dritten Modul des Stadtlabors im Juni 2022, welches in Hoyerswerda in der sächsischen Oberlausitz stattfand. Wandel ist in Hoyerswerda allgegenwärtig: Mit dem Ende des Gaskombinats Schwarze Pumpe im Zentrum des Lausitzer Braunkohlebergbaus hat die Stadt einen gewaltigen Strukturwandel erlebt, seit 1989 nicht nur Arbeitsplätze, sondern mehr als die Hälfte ihrer Einwohner:innen verloren. Heute beträgt der Altersdurchschnitt 53 Jahre. Hoyerswerda nimmt demografisch vorweg, was viele deutsche Kommunen erst in Jahrzehnten erwartet.

Diesen besonderen Gegebenheiten stellten sich die Stadtlaborant:innen mit der Aufgabe den „Wohnkomplex 3“, ein zentral gelegenes Quartier bestehend aus sogenannten Plattenbauten, weiterzuentwickeln. Das Ziel: Das Quartier soll sozial und städtebaulich zukunftssicher gemacht werden. Begrüßt wurde die Gruppe von Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh und Bürgermeister Mirko Pink, die die Stadt vorstellten und einen Einblick in den Strukturwandel vor Ort lieferten. Nach einer kurzen Einführung in das Format des Workshops (Hackathon) durch Marie Neumüllers, Geschäftsführerin des Stadt- und Quartiersentwicklers Urbanizers, startete die Gruppe mit einer Expedition in das Untersuchungsgebiet. Hier wurden in Kleingruppen mit Sofortbildkameras Eindrücke für das folgende Brainstorming gesammelt. Durch das limitierte Fotomaterial musste der Blick geschärft und sich auf das wesentliche konzentriert werden.

Struktur erleben, um den Wandel zu verstehen, war das Motto der Exkursion am Nachmittag des ersten Tages. Die Gruppe besuchte den noch aktiven Braunkohletagebau Welzow-Süd und erlebte so hautnah die Arbeit im Tagebau. Eindrucksvoll konnte so ein besseres Verständnis für die Lausitz und die bedeutenden Veränderungen der vergangenen und kommenden Jahre erlangt werden.

Zu Beginn des zweiten Workshop-Tages gab Marie Neumüllers einen Input zum Thema „Das resiliente Quartier“. Sie gab den Stadtlaborant:innen eine theoretische Einordnung und arbeitete dabei Beispiele aus dem am Vortag besichtigten Quartier ein. Was macht ein resilientes Quartier aus? Welche Eigenschaften sind bei der Weiterentwicklung wichtig? Wie muss ein Quartier gestaltet sein, um zukünftigen Entwicklungen standzuhalten? Mit dem neuen Wissen machten sich Teilnehmer:innen daran, die am Vortag entwickelten Ideen zu vertiefen und weiterzuentwickeln.

Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse können durch den breiten Erfahrungsschatz der Teilnehmer:innen und die fachliche Begleitung durch die Expertin nun ein Startschuss für die Weiterentwicklung des „WK 3“ sein.

  • Fotos: HY-photo Gernot Menzel