2. Preis Geistes- und Kulturwissenschaften 2023

Foto: iStock/bwilking

Der Jurist Alexander Wentker hat im Rahmen seiner Promotion erforscht, wie das Völkerrecht Kooperation im Krieg bestimmt.

Die Forschung

Wie wird man eigentlich zur Kriegspartei?

Text: Dorthe March

Als Alexander Wentker seine Dissertationsschrift im Januar 2022 abgeschlossen hatte, konnte er nicht ahnen, dass wenige Tage später in der Ukraine ein Krieg ausbrechen würde, der ihn zu einem begehrten Interviewpartner machen sollte. In seiner Promotion an der Universität Oxford hat der Völkerrechtler erarbeitet, wann eine Partei zur Kriegspartei wird. „Gerade in Deutschland geht die Militärhilfe für die Ukraine mit einer intensiven öffentlichen Diskussion um die Frage einher, wann westliche Staaten durch die Unterstützung selbst zu Kriegsparteien werden könnten“, erläutert der Jurist mit Blick auf die vergangenen Monate.

SILENT_GOS

Wentkers Arbeit beschäftigt sich damit, was der Status als Kriegspartei völkerrechtlich bedeutet. Zudem analysiert er, nach welchen Kriterien sich rechtlich bestimmen lässt, wer Kriegspartei ist, wenn mehrere Parteien auf derselben Seite des Konflikts stehen – und wer nicht. Erfüllt beispielsweise ein Staat sämtliche Kriterien, gilt er als sogenannte Ko-Partei und damit als Kriegspartei, führt der Jurist aus. Für solche Ko-Parteien würden sich erhöhte Sorgfaltspflichten ergeben. „So gehört es beispielsweise nach dem humanitären Völkerrecht zu ihren Pflichten, dass sie ihre Partner bei Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Militäroperationen oder bei der Versorgung vom Konflikt betroffener Personen unterstützen“, sagt Wentker. Seine Arbeit identifiziert ein dichtes Netz solcher Pflichten und zeigt auf, wie dieselben Strukturen, die Staaten oder Organisationen zu verantwortlichen Ko-Parteien machen, zugleich Anknüpfungspunkte sein können für die Gewährleistung von Schutz für jene, die vom Konflikt betroffen sind.

„So gehört es beispielsweise nach dem humanitären Völkerrecht zu ihren Pflichten, dass sie ihre Partner bei Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Militäroperationen oder bei der Versorgung vom Konflikt betroffener Personen unterstützen.“

Studienpreisträger Alexander Wentker

Derzeit bringt der Jurist die Ergebnisse seiner Promotion in einem Projekt zum Kriegsparteistatus der britischen Policy-Denkfabrik Chatham House – auch bekannt als Royal Institute of International Affairs – ein. „Das Ergebnis soll ein ausführliches Policy-Paper sein, das die Rechtsfragen des Kriegsparteistatus für Praktiker des Völkerrechts – in Regierungen, aber zum Beispiel auch internationalen und humanitären Organisationen – handhabbar machen und praktische Handreichungen und Empfehlungen erarbeiten soll“, sagt Wentker. Der Wissenschaft wird er treu bleiben – und mit Forschungsthemen wie Digitaler Sicherheit vielleicht auch künftig ein begehrter Interviewpartner sein.

Der Preisträger

Foto: David Ausserhofer

Auf Alexander Wentkers Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Potsdam und der Humboldt-Universität zu Berlin sowie das Masterstudium an der Université Paris-Panthéon-Assas folgte der Magister Juris an der University of Oxford. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Völkerrecht in Heidelberg und promovierte zeitgleich an der University of Oxford.

Derzeit absolviert der 29-Jährige sein Referendariat am Kammergericht Berlin und ist Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin.

Beitragstitel: Wer wird Kriegspartei? Wie das Völkerrecht Kooperation im Krieg reguliert

Alexander Wentker

alexander.wentker@fu-berlin.de

Promotion an der University of Oxford, Fakultät Rechtswissenschaft/Faculty of Law

Materialien zum Download

Wettbewerbsbeitrag von Alexander Wentker

Portraitfoto

Weitere Preisträgerinnen aus der Sektion Geistes- und Kulturwissenschaften