2. Preis Geistes- und Kulturwissenschaften 2022

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Patrick Abel schlägt vor, die Rechte internationaler Investor:innen an bestimmte Pflichten zu koppeln. Damit avisiert der Jurist eine grenzüberschreitende Corporate Social Responsibility.

Die Forschung

Ein Jurist nimmt Geldgeber:innen in die Pflicht

Text: Dorthe March

In Vor-Pandemie-Zeiten betrug das globale Volumen von Auslandsinvestitionen 1,5 Billionen US-Dollar pro Jahr, und sogar inmitten der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 immer noch knapp 1 Billion US-Dollar. Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen versteht solche Investitionen als entscheidend, um weltweit eine nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen. Allerdings herrscht ein Ungleichgewicht. „Ursprünglich galt: Investor:innen genießen internationale Rechte ohne korrespondierende internationale Verantwortlichkeit“, erläutert Patrick Abel. Nach verbreiteter Auffassung gehe es im Investitionsschutzrecht allein um den Schutz von Unternehmen, aber so gut wie nie darum, Unternehmen zugunsten des Allgemeinwohls zu regulieren. Aus diesem Grund steht das völkerrechtliche Investitionsschutzrecht seit Jahren in der Kritik.

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Abel entwickelt aus dem Dilemma eine pragmatische Idee: Die Rechte internationaler Investor:innen müssten an bestimmte Pflichten gekoppelt werden. In einem ersten Schritt hat er die Investorenpflichten in direkte und indirekte Auflagen aufgeteilt. Direkte Pflichten können Staaten gegen Investor:innen auf dem Klageweg durchsetzen; indirekte Investorenpflichten sind hingegen internationale Verhaltensstandards für Geldgeber:innen, welche die Staaten nicht einklagen können. „Stattdessen führt ein Pflichtverstoß dazu, dass Investor:innen die ihnen eigentlich eingeräumten, internationalen Investorenrechte einbüßen“, erläutert Abel. „Verletzen sie zum Beispiel eine indirekte Umweltpflicht, indem sie Böden verschmutzen, verlieren sie automatisch ihren Schutz vor staatlichen Enteignungen, der ihnen sonst nach internationalem Recht zustünde.“

„Ausgerechnet das vielkritisierte Investitionsschutzrecht hat das Potenzial, innovativ und konstruktiv Antworten auf Verantwortungslücken zu bieten, die durch globalisierte Wirtschaftstätigkeit entstehen können.“

Studienpreisträger Patrick Abel

Die von Abel konzipierten indirekten Investorenpflichten ähneln Versicherungsbedingungen – und verändern insgesamt den Charakter des Investitionsschutzrechts. Es würde nicht mehr vor allem dazu dienen, das Auslandsinvestitionsvolumen zu erhöhen, sondern es würden nur noch gesellschaftlich verantwortliche Unternehmen profitieren. Mittelfristig avisiert der Jurist damit eine grenzüberschreitende Corporate Social Responsibility. Der Grundstein sei gelegt, sagt Abel: Schon heute gingen im Investitionsschutzrecht zunehmend Rechte mit völkerrechtlichen Pflichten einher, beispielsweise zum Schutz von Menschenrechten, Arbeitsstandards, der Umwelt und der Rechtsstaatlichkeit. „Ausgerechnet das viel kritisierte Investitionsschutzrecht hat das Potenzial, innovativ und konstruktiv Antworten auf Verantwortungslücken zu bieten, die durch globalisierte Wirtschaftstätigkeit entstehen können“, meint der Jurist.

Der Preisträger

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Nach dem Jurastudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, dem Referendariat am Kammergericht Berlin und dem Magister Juris an der Universität Oxford promovierte Patrick Abel (34) von 2015 bis 2021 an der Georg-August-Universität Göttingen. In den Jahren 2020/2021 arbeitete er als Rechtsanwalt. Seit Herbst 2021 habilitiert er sich an der Universität Passau.

Beitragstitel: Internationale Investorenpflichten – Die Evolution einer internationalen Investorenverantwortlichkeit für gemeinschädliches Verhalten im Völkerrecht

Patrick Abel

patrick.abel@uni-passau.de

Promotion an der Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät/Fachgebiet Rechtswissenschaften, Institut für Völkerrecht und Europarecht

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Wettbewerbsbeitrag von Patrick Abel

Pressefotos Patrick Abel

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