„Ein Tag zum Innehalten und zum Gedenken an die Opfer“
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Helena Chachoglou, Patrisia Dragos und Mara Sandmann, Landessiegerinnen des Geschichtswettbewerbs 2020/21, beschäftigten sich für ihren Beitrag mit dem jüdischen Motorradsportler Leo Steinweg, der als Häftling in Auschwitz war.
Zoe Bauer sprach mit den drei Achtklässlerinnen anlässlich des Holocaust-Gedenktages.
Helena, Mara, Patrisia, ihr habt in eurer Arbeit die Biografie von Leo Steinweg rekonstruiert. Wer war Leo Steinweg und warum habt ihr seine Geschichte für euren Beitrag beim Geschichtswettbewerb „Bewegte Zeiten. Sport macht Gesellschaft“ ausgewählt?
Patrisia: Leo Steinweg war Motorradfahrer. Er lebte von 1906 bis 1945. Sein Lebensweg als erfolgreicher Motorradsportler und als engagierter Mechaniker veränderte sich schlagartig durch die Machtübernahme Hitlers. Leo Steinweg wurde Opfer der Verfolgung von Jüdinnen und Juden durch das NS-Regime.
Helena: Die Sportlerlizenz wurde Leo Steinweg entzogen. Sein eigenes Motorrad- und Fahrradgeschäft in Münster wurde zunehmend boykottiert. Leo Steinweg musste 1938 ins niederländische Exil fliehen. Im Jahr 1942 wurde Leo Steinweg von einer Nachbarin denunziert und ins KZ-Auschwitz gebracht. Vermutlich starb er später auf dem „Todesmarsch“ vom KZ-Auschwitz zum KZ-Flossenbürg im Alter von 38 Jahren.
Mara: Besonders interessant für uns war, dass Leo Steinweg, obwohl er vom jüdischen zum katholischen Glauben konvertierte und trotz seines Erfolges als Rennfahrer, verfolgt wurde.
Wie seid ihr zur Teilnahme am Geschichtswettbewerb gekommen?
Mara: Der Geschichtswettbewerb wurde uns in der sechsten Klasse vorgestellt. Wir hatten gleich Lust, daran teilzunehmen. Natürlich war es viel Arbeit, aber sonst hat man im Schulalltag nicht unbedingt die Möglichkeit, sich so intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen.
Helena: Unser Lehrer hatte die Idee, dass wir als Dreiergruppe zusammenarbeiten und hat uns geholfen, unser Thema zu finden. Die Gruppenarbeit hat großen Spaß gemacht und jetzt haben wir ein tolles Ergebnis, auf das wir stolz zurückblicken können.
Patrisia: Wir waren ja noch recht jung, als wir am Geschichtswettbewerb teilnahmen. Deshalb war es gut, dass wir uns entschieden haben, zu dritt zu arbeiten und einander zu helfen. Eine individuelle Geschichte zu bearbeiten, erlaubt uns neue Perspektiven auf Geschehenes zu entdecken.
Welche Quellen habt ihr für euren Beitrag benutzt und wie habt ihr euch die Aufgaben aufgeteilt?
Patrisia: Wir haben recht flexibel entschieden, wer was macht und uns viel abgesprochen. Am Anfang war es gar nicht so leicht herauszufinden, wo man anfängt und wie man vorgeht.
Helena: Eine wichtige Quelle war die Biografie von Leo Steinweg, die seine Frau Emmy Steinweg verfasst hat. Dieses Buch habe ich benutzt, als ich Leo Steinwegs Leben beschrieben habe.
Mara: Zu dritt haben wir das Stadtarchiv Münster besucht. Für mich war es ein neuer Ort; die Akten waren spannend. Wegen den Corona-Beschränkungen mussten wir viele Formulare ausfüllen, wenn wir Büchereien oder das Archiv besuchen wollten.
Seit dem 23. August 2021 erinnert ein Stolperstein in Münster an Leon Steinweg. Was könnt ihr mir über die Verlegung seines Stolpersteins erzählen?
Mara: Wir planten mit unserem Preisgeld, einen Stolperstein für Leo Steinweg in Münster verlegen zu lassen. Doch in der Zwischenzeit wurde schon ein solcher Stolperstein verlegt. Wir erfuhren davon in der Zeitung. In Münster wurden zwischen 2004 und 2021 insgesamt 290 Stolpersteine verlegt. Der Verein „Spuren finden“ kümmerte sich darum.
Ihr habt euch intensiv mit Leo Steinweg auseinandergesetzt. Er ist einer der vielen Opfer des Holocausts. Welche Bedeutung hat der Holocaust-Gedenktag für euch?
Mara: Es ist wichtig, dass man sich auch heute noch an die Verbrechen von damals erinnert. Der Tag sollte als Mahnung verstanden werden. So etwas darf nie wieder vorkommen!
Helena: Man darf nicht zulassen, dass die Geschehnisse relativiert werden.
Patrisia: Es ist ein Tag zum Innehalten und ein Tag, um der Opfer zu gedenken. Damals sind schreckliche Dinge passiert. Es ist aber auch der Tag, an dem das Konzentrationslager Auschwitz befreit wurde. Es markiert einen wichtigen Umbruch in der Geschichte. Wir müssen aus der Geschichte lernen.